Saldenbestätigungen: Was sind alternative Prüfungshandlungen?

Inhalt

Was sind alternative Prüfungshandlungen?

Was versteht man grundsätzlich unter alternativen Prüfungshandlungen bei einer Saldenbestätigung?

Bei jeder Nichtbeantwortung muss der Abschlussprüfer alternative Prüfungshandlungen durchführen, um relevante und verlässliche Prüfungsnachweise zu erlangen.

Ist die Beantwortung einer positiven Bestätigungsanfrage unverzichtbar weil alternative Prüfungshandlungen nach Einschätzung des Abschlussprüfers nicht genügen,
um zusammen mit anderen Prüfungshandlungen ausreichende und angemessene Prüfungsnachweiseerlangen zu können, ist nach IDW PS 250 n.F., IDW PS 261 n.F. und IDW PS 400 über die Auswirkungen auf die Prüfungsdurchführung und das Prüfungsurteil zu entscheiden.

„Die Art und der Umfang alternativer Prüfungshandlungen hängen vom betreffenden Posten und den getroffenen Aussagen in der Rechnungslegung ab. Bei Forderungen aus Lieferungen
und Leistungen sind alternative Prüfungshandlungen bspw. die Prüfung der zugrunde liegenden Unterlagen (z.B. Rechnung, Vertrag, Versandpapiere) und ggf. ergänzend der
Zahlungseingänge. Bei Verbindlichkeiten sind alternative Prüfungshandlungen bspw. die Prüfung von Zahlungsausgängen nach dem Abschlussstichtag, die Prüfung der Korrespondenz
mit Geschäftspartnern des Unternehmens, die das Bestehen der Verbindlichkeit belegt, sowie die Prüfung anderer Dokumente, wie z.B. Lieferbestätigungen.
A20 Beispiele für die in Tz. 16 genannten Fälle, in denen die Beantwortung einer positiven Bestätigungsanfrage unverzichtbar sein kann, sind:

  • die zur Bestätigung der Aussagen der gesetzlichen Vertreter verfügbaren Informationen sind nur außerhalb des zu prüfenden Unternehmens verfügbar
  • Risikofaktoren für Verstöße hindern den Abschlussprüfer daran, sich auf Nachweise zu verlassen, die von dem Unternehmen erlangt werden“ siehe PS 302

Worin unterscheiden sich alternative Prüfungshandlungen und Prüfungshandlungen, welche anstelle der Einholung von Drittbestätigungen durchgeführt werden?

Grundsätzlich besteht kein sachlicher Unterschied. Prüfungshandlungen, welche als Ersatz für die Einholung von Drittbestätigungen durchgeführt werden und alternative Prüfungshandlungen müssen letztendlich beide angemessene und ausreichende Prüfungsnachweise erbringen.
Ein Unterschied liegt einerseits in der Notwendigkeit der Durchführung und andererseits in der Art der Prüfungshandlung.
Prüfungshandlungen anstelle der Einholung von Drittbestätigungen werden infolge einer bewussten Entscheidung im Rahmen der Festlegung der Prüfungsstrategie durchgeführt, wenn wir der Auffassung sind, hierdurch auf effizientere Art Prüfungsnachweise erlangen zu können. Alternative Prüfungshandlungen hingegen sind zwingend immer durchzuführen, wenn eine angefragte Drittbestätigung nicht beantwortet wurde.
Alternative Prüfungshandlungen betreffen immer Einzelfallprüfungen, die sich auf bestimmte Angaben (die Gegenstand der Bestätigungsanfragewaren) beziehen. Zum Beispiel werden Unterlagen eingesehen, die einen bestimmten Saldo oder eine bestimmte Transaktion (Lieferung, Vereinbarung, usw.) nachweisen sollen. Prüfungshandlungen anstelle der Einholung von Drittbestätigungen sind hingegen in der Regel weiter gefasst und können bspw. auch eine umfassende Datenanalyse eines gesamten Accounts beinhalten.

Wann müssen alternative Prüfungshandlungen durchgeführt werden?

Bei jeder Nichtbeantwortung müssen wir alternative Prüfungshandlungen durchführen, um relevante und verlässliche Prüfungsnachweise zu erlangen (IDW PS 302 n.F., Tz. 16).

Mögliche Fälle einer Nichtbeantwortung sind:
• eine positive Bestätigungsanfrage, die nicht beantwortet wird
• eine positive Bestätigungsanfrage, die nicht vollständig beantwortet wird. Hierunter fällt auch die Rückmeldung des Dritten, dass keine Bestätigungsanfragen beantwortet werden
• eine als nicht zugestellt zurückgesandte (positive oder negative) Bestätigungsanfrage jeglicher Form. Dies umfasst z.B. Briefe, die der Abschlussprüfer mit einem Unzustellbarkeitsvermerk zurückerhält, oder Zustellfehlerberichte, die nach dem Versand einer Email oder eines Fax eingehen.

Alternative Prüfungshandlungen sind unabhängig davon durchzuführen, ob z.B. ein angefragter Saldo wesentlich oder unwesentlich ist. Es steht uns vor Durchführung der alternativen Prüfungshandlung frei, den Versand einer Erinnerung oder einer Anfrage in anderer Form an denselben Dritten zu vorzunehmen.

Sind alternative Prüfungshandlungen für alle Arten von Drittbestätigungen relevant?

Ja. Wenn wir auf eine Drittbestätigungsanfrage keine Antwort erhalten haben, müssen wir alternative Prüfungshandlungen durchführen, um ausreichende und angemessene Prüfungsnachweise zu erlangen. Dieses gilt unabhängig von der Art der Bestätigungsanfrage.

Die Art der angefragten Drittbestätigung hat jedoch Einfluss auf die Art der alternativen Prüfungshandlungen und die Verlässlichkeit der daraus erlangen Prüfungsnachweise. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass alternative Prüfungshandlungen bspw. anstelle von Bankbestätigungen nur als verlässlich beurteilt werden können, soweit die Funktionsfähigkeit des IKS in Bezug auf die angefragten Angaben sichergestellt ist (IDW PS 302 n.F., Tz. 23).

Müssen bei Nuller-Salden auch alternative Prüfungshandlungen angefragt werden?

Ja, denn alternative Prüfungshandlungen sind grundsätzlich für alle nichtbeantworteten Bestätigungsanfragen vorzunehmen. Zudem bedeutet ein Null-Saldo nicht zwingend, dass keine im Jahresabschluss zu erfassende Transaktion vorliegt.
Im Fall eines Null-Saldos ist alternativ bspw. die Durchführung von zukunftsbezogenen Prüfungshandlungen denkbar. Diese könnten aus einer Einsichtnahme in das jeweilige Konto in einer zukünftigen Buchungsperiode bestehen um dabei eventuelle Transaktionen unmittelbar nach dem Stichtag der Bestätigungsanfrage weiter zu untersuchen.
Hierdurch hätte man gleichzeitig zusätzliche Prüfungsnachweise für eine Prüfung der Periodenabgrenzung erlangt (kumulierte Prüfungsnachweise).

Müssen bei einer Saldenanfrage alle Posten des Saldos geprüft werden oder können Einzelposten rausgepickt werden?

Werden die Saldenbestätigungen durch eine wertbasierte bewusste Auswahl festgelegt, ist die Prüfung nur einer Auswahl der Einzelbeträge zulässig, wenn berücksichtigt wird, dass der Abdeckungsgrad und damit die Prüfungssicherheit sich verringert. Das entsprechend steigende Entdeckungsrisiko ist von uns zu würdigen. Wenn z.B. die Ergebnisse der übrigen Bestätigungsanfragen zu diesem Abschlussposten zu keinen oder nur geringen Fehlerfeststellungen führen, kann der gesunkene Abdeckungsgrad als vertretbar angesehen werden. Anderenfalls kann durch eine Ausdehnung anderer Prüfungshandlungen versucht werden, insgesamt hinreichende Sicherheit für den betreffenden Abschlussposten zu erlangen.
Die Prüfungsstandards enthalten keine Anforderungen, wie bei der Anwendung mathematisch-statistischer Verfahren vorzugehen ist. Wir gehen dabei grundsätzlich so vor, dass alle Einzelbeträge des Saldos durch alternative Prüfungshandlungen abgedeckt werden müssen, wenn nach mathematisch-statistischen Grundsätzen eine Hochrechnung der Ergebnisse aus der Stichprobenprüfung auf die Grundgesamtheit durchgeführt werden soll („keine Stichprobe aus der Stichprobe“).

Müssen für alle nicht beantworteten Drittbestätigungen alternative Prüfungshandlungen durchgeführt werden?

Ja.
Für jede nicht beantwortete Bestätigungsanfrage sind jeweils alternative Prüfungshandlungen durchzuführen. Dies gilt unabhängig davon, nach welchem Auswahlverfahren die Stichprobe festgelegt wurde.

Was sind alternative Prüfungshandlungen (Beispiele) bei Bankbestätigungen, Saldenbestätigung Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen?

Alternative Prüfungshandlungen bei Bankbestätigungen

  • Einsichtnahme in Kontoauszüge zum Bilanzstichtag
  • Durchsicht von Bankauszügen nach Buchungen zu Geschäftsbeziehungen zum Kreditinstitut oder zu anderen Kreditinstituten
  • Einsichtnahme in Grundlagenverträge mit Kreditinstitut (Kontoführung, Berechtigungen, Kreditrahmen)
  • Einsichtnahme in Verträge bzgl. Derivaten
  • Einsichtnahme in Kreditverträge, Prüfung von Zahlungsvorgängen im Zusammenhang mit den Kreditverträgen
  • Analyse der Kostenabrechnung auf Art der abgerechneten Leistungen
  • Einsicht in Depotauszüge
  • Einsicht in Wertpapierkauf-/ -verkaufaufträge, sowie Zinsabrechnungen/ -Bescheinigungen
  • Einsichtnahme in allgemeine Korrespondenz mit Kreditinstitut
  • Weitergehende Analyse der Zinskonten und der Kosten des Zahlungsverkehrs

Alternative Prüfungshandlungen bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

  • Einsichtnahme in Auslieferungsnachweise (Versandpapiere, Lieferschein)
  • Einsichtnahme in Liefer-/ Leistungsvertrag
  • Einsicht in Fertigstellungsmeldungen aus Produktion
  • Überprüfung der Existenz des Kunden (Einholung HR-Auszug, Internetrecherche, elektronischer Bundesanzeiger, Kontaktaufnahme)
  • Prüfung des Zahlungseingangs (unter Berücksichtigung von Lieferungsmerkmalen auf Bankauszug: Rechnungs-, Lieferscheinnummern oder -zeitpunkten, usw.)

Alternative Prüfungshandlungen bei Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

  • Einsichtnahme in Einlieferungsnachweise (Versandpapiere, Lieferscheine)
  • Einsichtnahme in Liefer-/ Leistungsvertrag
  • Inaugenscheinnahme von Leistungsnachweisen (insbesondere bei Dienstleistungen z.B. Gutachten, Ergebnisberichte, usw.)
  • Überprüfung der Existenz des Lieferanten (Einholung HR-Auszug, Internetrecherche, elektronischer Bundesanzeiger, Kontaktaufnahme)
  • Prüfung des Zahlungsausgangs (unter Berücksichtigung von Lieferungsmerkmalen auf Bankauszug: Rechnungs-, Lieferscheinnummern oder -zeitpunkten, usw.)