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In welchem Paragraph des Handelsgesetzbuchs sind größenabhängige Erleichterungen geregelt?
§ 274a HGB behandelt die größenabhängigen Erleichterungen:
§ 274a GRÖSSENABHÄNGIGE ERLEICHTERUNGEN
Kleine Kapitalgesellschaften sind von der Anwendung der folgenden Vorschriften befreit:
1. § 268 Abs. 2 über die Aufstellung eines Anlagengitters,
2. § 268 Abs. 4 Satz 2 über die Pflicht zur Erläuterung bestimmter Forderungen im Anhang,
3. § 268 Abs. 5 Satz 3 über die Erläuterung bestimmter Verbindlichkeiten im Anhang,
4. § 268 Abs. 6 über den Rechnungsabgrenzungsposten nach § 250 Abs. 3,
5. § 274 über die Abgrenzung latenter Steuern.
Was sind großenabhängige Erleichterungen im Handelsgesetzbuch?
Überblick und Zweck der größenabhängigen Erleichterungen im HGB
Kleinen Kapitalgesellschaften und kleinen Kapital- & Co. gesellschaften werden in § 274a HGB größenabhängige Erleichterungen in Form der Befreiung von der Pflicht zur Anwendung von fünf Regelungen zugesprochen.
Konkret brauchen als klein klassifizierte Kapitalgesellschaften oder denen gleichgestellte Personengesellschaften
- kein Anlagegitter zu erstellen,
- keine Erläuterungen zu erst nach dem Bilanzstichtag rechtlich entstehenden Vermögensgegenstände bzw. Verbindlichkeiten soweit sie unter den sonstigen Vermögensgegenständen bzw. Verbindlichkeiten ausgewiesen sind und einen größeren Umfang haben, zu geben,
- kein aktiviertes Disagio auszuweisen oder im Anhang anzugeben sowie
- keine (aktiven) latenten Steuern zu bilden.
Der wesentliche Zweck dieser Vorschrift liegt in der Vereinfachung der Aufstellung des Jahresabschlusses und damit einhergehend in der Möglichkeit zur Reduzierung der damit verbundenen Kosten (größenabhängige Erleichterungen).
Größenabhängige Erleichterung: Aufstellung des Anlagengitters
Die Darstellung der systematischen Entwicklung der Posten des Anlagevermögens – von den historischen Anschaffungskosten hin zu den Buchwerten der Bilanz ist in § 268 Abs. 2 HGB geregelt.
Diese Entwicklungsdarstellung – Anlagenspiegel | Anlagengitter – ist dabei nach der Bruttomethode zu erstellen.
Die Bruttowerte erlauben eine Aussage über die Altersstruktur der Anlagen und lassen die Investitionstätigkeit sowie die Entwicklung der Anlagen im aktuellen Geschäftsjahr erkennen.
Der Anlagespiegel zeigt ausgehend von den zu historischen Anschaffungskosten bewerteten Zu- und Abgängen sowie Umbuchungen, die Zuschreibungen des Geschäftsjahres sowie alle bis zum Abschlussstichtag angefallenen Abschreibungen.
Er leitet somit die Wertansätze zu historischen Anschaffungskosten zum Restbuchwert am Ende des Geschäftsjahrs über. Zusätzlich sind die Abschreibungen des Geschäftsjahr zu berücksichtigen, so dass sich der in der Bilanz ausgewiesene Buchwert sich ebenso im Anlagespiegel zeigt.
Größenabhängige Erleichterung: Erläuterung bestimmter Forderungen
Von der gem. § 268 Abs. 4 Satz 2 HGB vorgeschriebenen Erläuterung der unter den sonstigen Vermögensgegenständen ausgewiesenen Forderungen im Anhang, sofern diese rechtlich erst nach dem Abschlussstichtag entstehen (antizipative Forderungen) und einen größeren Umfang haben , werden kleine Kapitalgesellschaften und Kapital & Co. Gesellschaften befreit.
Für große und mittelgroße KapG/KapCoGes muss gem. § 266 Abs. 3 HGB der Posten „Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände“ wie folgt unterteilt werden:
• Forderungen aus L&L
• Forderungen gegen verbundene Unternehmen
• Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht
• Sonstige Vermögensgegenstände
Von jedem gesondert ausgewiesenen Posten ist der Betrag der Forderung mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr als „Davon“-Vermerk in der Bilanz oder im Anhang kenntlich zu machen.
Nach § 265 Abs. 2 HGB sind Vorjahresbeträge nicht explizit anzugeben, sodass Restlaufzeiten für Vorjahreswerte handelsrechtlich nicht zwingend zu benennen sind. Dennoch wird dies in der Praxis aus Informationszwecken nahezu in allen Jahresabschlüssen so gehandhabt.
Größenabhängige Erleichterung: Erläuterung bestimmter Verbindlichkeiten
§ 268 Abs. 5 Satz 3 HGB schreibt für Verbindlichkeiten, die rechtlich erst nach dem Abschlussstichtag entstehen (antizipative Verbindlichkeiten) sind und einen größeren Umfang haben, eine Erläuterung im Anhang vor.
Die Regelung schreibt vor, dass der Betrag für jeden innerhalb der Verbindlichkeiten auszuweisenden Posten (§ 266 Abs. 3 HGB) mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr und mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr zu vermerken ist.
Zweck dieser Vorschrift ist es, die kurzfristigen Liquiditätsabflüsse aus dem Bestand an Verbindlichkeiten zum Abschlussstichtag gesondert erkennbar zu machen.
Der für mittelgroße und große Gesellschaften vorgeschriebene Ausweis der in der Bilanz auszuweisenden Restlaufzeiten jedes einzelnen Verbindlichkeitspostens bis zu einem Jahr, mehr als einem Jahr und über fünf Jahren kann als größenabhängige Erleichterung durch einen „Davon“- Vermerk in der Bilanz erfolgen. Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit können alle Angaben in einem Verbindlichkeitenspiegel im Anhang zusammengefasst werden.
Größenabhängige Erleichtungen: Ausweis Disagio
§ 268 Abs. 6 HGB schreibt einen gesonderten Ausweis des Disagios in der Bilanz unter den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten oder im Anhang vor, sofern das Aktivierungswahlrecht des § 250 Abs. 3 HGB in Anspruch genommen wurde.
Mit dem Ausweiswahlrecht des Abs. 6 wird die Regelung des § 250 Abs. 3 HGB erweitert und die Inanspruchnahme des Wahlrechts erkennbar.
Der Ausweis in der Bilanz kann entweder durch Verwendung eines „Davon“-Vermerks oder durch eine Untergliederung des Rechnungsabgrenzungsposten (§ 265 Abs. 5 HGB) erfolgen. Es ist keine bestimmte Bezeichnung des Postens im Gesetz vorgeschrieben, so dass Bezeichnungen wie „Disagio“ oder „Damnum“ üblicherweise verwendet werden.
Bei einem Ausweis im Anhang ist eine Angabe im Zusammenhang mit den Erläuterungspflichten sinnvoll. In diesem Fall ist die Höhe des insgesamt abgegrenzten Unterschiedsbetrags zu zeigen und in den Folgejahren zu wiederholen.
Größenabhängige Erleichtungen: latente Steuern
Durch die Einschränkung der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz sowie die Aufgabe der umgekehrten Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG aF), hat die Bedeutung latenter Steuern für die Rechnungslegung stark zugenommen.
Da für die aktiven latenten Steuern im HGB nunmehr ein Ansatzwahlrecht verankert ist und gleichzeitig eine Gesamtdifferenzbetrachtung (Saldierung aktiver und passiver latenter Steuern) , weiterhin möglich ist, erscheint die Anwendung in der Praxis eingeschränkt.
Nach § 274a HGB haben kleine Unternehmen nur noch dann passive latente Steuern zu ermitteln, wenn „gleichzeitig die Tatbestandsvoraussetzungen für den Ansatz einer Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB vorliegen“.