Wie wird bei einer Financial Due Diligence die historische Vermögenslage analysiert?

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Warum wird die historische Vermögenslage analysiert?

Der Kaufpreis in einer Due Diligence wird meist so berechnet, dass das Zielunternehmen „barmittel- und schuldenfrei“ (cash and debt free). Dies ist eine der Hauptaufgaben eines Wirtschaftsprüfers. Die dann vom Kaufpreis abgesetzte Differenz aus Schulden und Barmitteln wird als Netto-Finanzverbindlichkeit bzw. sofern Barmittel größer als Schulden dann als Nettofinanzvermögen bezeichnet.

Insbesondere die Analyse der historischen Vermögenslage dient somit dazu, das Finanzvermögen und die -verbindlichkeiten zu analysieren und entsprechend zu quantifizieren.

Was ist die Ausgangsbasis für die historische Analyse?

Ausgangsbasis für alle Untersuchungen ist die historische, handelsrechtliche Bilanz der Gesellschaft für den Analysezeitraum. Die aufgrund dieser Bilanzen identifizierten Finanzverbindlichkeiten sind hierbei die Ausgangsbasis für weitergehende Analysen.
Die in einer Financial Due Diligence weiterführend identifizierten Risiken führen zu einer Erhöhung der Nettofinanzverbindlichkeiten.

Weiterhin dient die Analyse der historischen Vermögenslage dazu, das Working-Capital zu quantifizieren. Soweit kurzfristige Vermögensgegenstände, Rückstellungen und Verbindlichkeiten nicht zinstragend und mit dem laufenden Geschäftsverkehr verbunden sind, werden diese in die Berechnung einbezogen.

Was sind die primären Ziele und welche Positionen der Bilanz werden analysiert?

Wie schon dargestellt sind die Ziele einer Analyse der historischen Vermögenslage die Identifikation und Quantifizierung von Nettofinanzverbindlichkeiten und Working-Capital-Positionen. Dabei steht im Vordergrund die Eingrenzung und Quantifizierung von Risiken, die auf diese Positionen eine Rückkopplung haben. Risiken können aus der Überbewertung von Aktiva und der Unterbewertung von Passiva resultieren, die zum einen zu einer Erhöhung der Nettofinanzverbindlichkeiten und zu einer Reduzierung des Working Capitals führen.

Die historische Bilanz dient als Ausgangsbasis und wird während der Due Diligence in eine Mittelherkunft und Mittelverwendungs“bilanz“ transformiert. Diese Zuordnung weicht jedoch von der handelsrechtlichen Definition ab, wo dass das Anlagevermögen als auch das Working Capital der Mittelverwendung und das Eigen- sowie Fremdkapital der Mittelherkunft zugerechnet werden.

Wie werden die Bilanzpositionen dem Anlagevermögen, Working Capital, Nettofinanzverbindlichkeiten und Eigenkapital zugeordnet?

Wie wird das Anlagevermögen analysiert?

Immaterielle Vermögensgegenstände

Was sind immaterielle Vermögensgegenstände?

Nach § 266 HGB unterteilt sich das immaterielle Anlagevermögen in folgende Arten:

  • selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte,
  • entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten,
  • Geschäfts- oder Firmenwert
  • geleistete Anzahlungen

Für den Begriff „immaterieller Vermögensgegenstand“ existiert keine einheitliche bzw. konkrete Definition.
Die Definition wird jeweils zweckgerichtet betrachtet. Als ein zweckentsprechendes Abgrenzungskriterium immaterieller Güter dient vielfach das Vorhandensein bzw. Nicht-Vorhandensein einer physischen Substanz. Immaterielle Güter umfassen alle Güter, die nicht materiell und
zusätzlich zur Abgrenzung zum Finanzvermögen nicht monetär sind.
Die Abgrenzung der materiellen von den immateriellen Vermögensgegenstände ist in bestimmten Fällen schwierig, weil häufig immaterielle Komponenten in materielle Vermögenswerte integriert sind (funktionale Einheit), z.B. die Steuerungssoftware von Maschinen oder das Betriebssystem eines Computers. Wenn ein Gut beide Merkmale erfüllt, sind für die Zuordnung die Wertrelation, das wirtschaftliche Interesse, die Vervielfältigungsmöglichkeiten oder das relative Funktionenverhältnis ausschlaggebend.

Vermögensgegenstände, die sowohl aus immateriellen und materiellen Komponenten bestehen, sind immer dann den immateriellen Gütern zuzuordnen, wenn die materiellen Komponenten nur eine untergeordnete Bedeutung haben und vornehmlich Transport-, Dokumentations-, Speicherungs- und Lagerungszwecken dienen.

Entsprechend dem Vollständigkeitsgebot gem. § 246 Abs.1 HGB besteht für immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens eine Aktivierungspflicht. Allerdings durften selbst erstellte bzw. nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens bisher gem. § 248 Abs. 2 HGB aF nicht aktiviert werden, es sei denn, es handelt sich um einen Kundenauftrag und somit um immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens.

Wie werden immaterielle Vermögensgegenstände analysiert?

Bei der Analyse der immateriellen Vermögensgegenstände sind insbesondere die selbst geschaffenen gewerblichen Schutzrechte sowie die ähnlichen Rechte und Werte zu analysieren. Insbesondere nach der Einführung des BilMoG ist im handelsrechtlichen Bereich die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände möglich. Dahingegen besteht für Forschungsaufwendungen nach wie vor ein Aktivierungsverbot.

Durch diese Aktivierung von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen wird die Vermögens- als auch die Ertragslage gegenüber Unternehmen, die dieses Wahlrecht nicht ausüben, verzerrt. In dem Jahr der Aktivierung von Entwicklungsleistungen wird das Periodenergebnis positiv verzerrt und entlastet, in den Folgeperioden hingegen durch die Abschreibungen belastet. Da die Aktivierung nur eine zeitliche Verschiebung ist, wird das Ergebnis über die Totalperiode nicht verändert.

Da die Unternehmensbewertung auf Basis von EBITDA Multiplikatoren als auch aufgrund von Planungsrechnungen, die auf der historischen VFE Lage basieren, angefertigt wird, ist zu überlegen, ob diese Erhöhung des Unternehmenswertes pro forma um die Aktivierung und spätere Abschreibung anzupassen ist.

Entgeltlich erworbene Konzessionen und gewerbliche Schutzrechte sind insbesondere in Zusammenarbeit mit der Legal Due Diligence zu untersuchen. Es muss überprüft werden, ob die Verträge Change of Control Klauseln enthalten und die Nutzungsrechte o.ä. erneut erworben werden müssen. Weiterhin stellt sich dann die Frage wie entscheidend diese für die Fortführung des Unternehmen sind.

Bei dem Geschäfts- oder Firmenwert handelt es sich um einen derivativ, also entgeltlich erworbenen GoF aus einem Asset Deal bzw. im Konzernabschluss aus der Konsolidierung eines Share Deals. Die Abschreibung des GoF hat keine Auswirkung auf die Entwicklung des EBITDA, jedoch auf die des EBIT. Insofern ist diese Abschreibung zu eliminieren.